Ausstellungen

16. June 2019

Electric Spinning Gaze

Katja Davar

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In Electric Spinning Gaze untersucht Katja Davar das Thema der Metamorphose auf der Bühne und in der Natur anhand der Prozesse des Faltens und Entfaltens, des Öffnens und Schließens von Flügeln und umkreist damit die Untrennbarkeit von Kultur und Natur. Ausgangspunkt ist die Auseinandersetzung mit dem Serpentine Dance der amerikanischen Tänzerin, Choreografin und Erfinderin Loïe Fuller (1862–1928). Kurz vor dem Aufkommen des Films entwickelte Fuller abstrakte Choreografien, in denen ihre ausladend wogenden Seidenkostüme mit technischen Mitteln wie farbigem Licht und Projektionen der Laterna Magica interagierten. In Electric Spinning Gaze erforscht Davar den historischen Kontext des Serpentine Dance, um darüber hinausgehend unsere zunehmend komplexe Beziehung zur Technologie in den Blick zu nehmen.

So wird der Seidenstoff, der in der „danse serpentine“ zum Einsatz kam, in Davars Projekt zur dynamischen Projektionsfläche, um einen Aspekt der Frühgeschichte des Films zu betrachten: den Übergang von der Live-Aufführung zum Kino/Zelluloid. Davars eigene, mit einer Hochgeschwindigkeitskamera erstellten Filme spielen in ihren Titeln auf die künstlerischen Licht- und Farbstudien und die lyrische Dichtung jener Epoche an. Airbourne Language (2019) verweist durch ein mit Tusche gezeichnetes Motiv auf das organische Bewegungsmuster des Schmetterlingsflugs; Peacock shadow never black (2019) operiert mit vorgefundenen Stoffen und erscheint wie eine filmische Umsetzung von Mallarmés Faszination für das „pli selon pli“. Den Akt des Ent-Faltens generiert die 3-D-Animation Tugs on a thread (2019) anhand der Spreizbewegungen von Flügeln (von Schmetterlingen, Motten und anderen geflügelten Tieren) zwischen natürlichem Ablauf und digitaler Illusion.

Eine Serie großformatiger abstrakter Bleistiftzeichnungen, die von Matthias Grünewalds Gewandstudien um 1511 inspiriert sind, suggeriert Figuren auf einer Bühne, wobei auch hier – in Analogie zu Fullers hinter den fließenden abstrakten Stoffbahnen „unauffindbarem“ Körper – die gewundenen Plissees an die Stelle der menschlichen Figur getreten zu sein scheinen.

Foto: Katja Davar, "Thugs on a Thread", 2019 (still). Courtesy the artist and Kadel Willborn, Düsseldorf.