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26. September 2023

MARL – stimmt die Chemie?

Ein Vortrag von Prof. Dr. Ingrid Krau innerhalb der Vortragsreihe Baukultur in Marl

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Das Ruhrgebiet fremdelt immer erst einmal mit dem Ungewohnten und solche Zustände können lange andauern. Das völlig neue Stadtzentrum Marls, das sich die Stadt in den vorwärts blickenden 1960er Jahren zutraute, indem sie zukunftsorientiert nach vorn dachte, wurde eine Herausforderung. Marl blickte unter seinem tatkräftigen Bürgermeister Rudolf-Ernst Heiland, in die Zukunft. Stadtrat und Bürgerschaft teilten diese Sicht, ein neu gebautes Stadtzentrum zu wollen, das für Kultur und Bildung stehen und mit den Mitteln von Städtebau und Architektur ein strahlendes Wahrzeichen eines neuen städtischen Lebens sein würde – und dies zusammen mit der neu aufsteigenden Chemieindustrie. Marl, die Zechen und die Chemie wurden als Wohlstand sicherndes Eins gedacht, ohne Arbeit keine Kultur und Bildung, ohne Kultur und Bildung keine Stadt. Das ist wieder hochaktuell. Die Sorge um die Gemeindefinanzen bringt das Strahlen wieder einmal in Bedrängnis. Man fürchtet ihr neues Schrumpfen. Aber ohne den Erhalt, die Pflege und sinnvolle Nutzung dieser hervorragenden Architekturen und ihres großartigen öffentlichen Raumes wird das Strahlen Marls erlöschen. Furcht ist immer ein schlechter Ratgeber. Das wusste man auch in den kargen Zeiten, als das neue Zentrum als Kulturleistung gewagt wurde. Was gibt das Band zwischen Chemie und Bürger*innen, zwischen Arbeit, Kultur und Bildung heute her? Was kann und könnte es hergeben? Soll man es weiter aus der Sicht der New Economy sehen, die die Reichen reicher und die Stadt der Vielen zu Armen werden lässt? Die Referentin zeigt Wege der Selbstbehauptung von Stadt und Bürgerschaft auf, auch mit der Chemieindustrie. Untergangsszenarien mag sie nicht; man kann immer neue Wege der Zuversicht und der Kooperation aufbauen.

Prof. Dr. Ingrid Krau ist Architektin und Stadtplanerin mit dem Schwerpunkt auf Stadtforschung und Stadtentwicklung. Ingrid Krau hat die Weiterentwicklung Marls und des Reviers schon lange im Visier. Sie ist in Gelsenkirchen zur Schule
gegangen, nach dem Studium der Architektur in Braunschweig und Berlin und der Promotion in den Sozialwissenschaften an der FU Berlin ins Ruhrgebiet zurückgekehrt, wurde 1973 Mitglied des interdisziplinären Planungsstabs der Stadt Duisburg, hat in der Stahlindustrie geforscht und wurde Beraterin der IBA-Emscherpark mit ihrem Architektur- und Planungsbüro in Bochum. 1988 hat sie am städtebaulichen Wettbewerb zum Marler Stadtzentrum teilgenommen und erhielt den 3. Preis. Von 1994 an war sie Professorin für Städtebau an der TU München. Marl und das Ruhrgebiet hat sie nie aus den Augen verloren.

Baukultur in Marl wird vom Skulpturenmuseum und der VHS in Kooperation mit der Initiative ruhrmoderne e.V. organisiert. Die Veranstaltung findet um 18.30 Uhr in der insel VHS (Wiesenstraße 22, 45770 Marl) im Raum P1 statt und ist kostenlos - um Anmeldung unter 02365/50356699 oder www.vhs-marl.de wird gebeten.